Montag, 31. Mai 2010

Großes Maleur - Spiel im Rotorkopf des HKH 450

Vergangenheits- und Traumabewältgung - oder: Wie scheinbar Fernsteuerung, Akku und Servos auf einmal über den Jordan gingen

Das Problem
Der HKH 450 hatte eine harmlos erscheinende Kollision mit einer Gartenhecke erlitten. Auf der Werkbank zeigten sich dann doch diverse Schäden, der schlimmste war, dass die Getriebe von 2 Taumelscheibenservos beschädigt wurden. Bei voll zyklisch und voll Pitch drehten die Motoren der Servos ins "Leere". Dass ich das überhaupt gemerkt habe, lag an einem plötzlichen Regenschauer und frustriertem "Rühren" an der Funke, sonst wäre der Vogel jetzt wohl Schrott...
Entsprechend hat der Heli -weil die gerade hier rumlagen- zuerst mal 9g Standard Plastik NoName China Servos auf die Taumelscheibe bekommen, womit ich generell schon mal ein ungutes Gefühl hatte.
Nach Servowechsel, Kontrolle aller Schrauben am Rotorkopf und Einstellung des Rotorkopfes ging es dann mit einer Standzeit von ca. 2 Monaten wieder zum Erstflug nach Einstellung.

Das Symptom
Beim ersten Versuch passierte bis ca 75% Knüppelweg nicht viel, außer dass der Akkuwarner anfing zu piepsen und ab 80% Knüppelweg der Heli einen leichten Hopser in die Luft machte. Bei ca 90% Knüppel wurde aus dem leichten Hopser ein beherztes Steigen und ein kontrolliertes Landen und abfangen fast unmöglich, da der Heli nur noch "digital" auf Steuerkommandos reagierte. Das Landen war dann ungefähr so, wie mit Tastatur statt Joystick Autorennen zu fahren - eine eckige Angelegenheit.

Ursachenforschung
Zuerst dachte ich daran, dass der Akku nach der langen Lagerung im vollgeladenen Zustand die Spannung unter Last nicht mehr halten kann und begann schon mit den Planungen, welcher Akku denn nun eingesetzt werden sollte. Ich dachte über ein Akku Benchmark China gegen Marke nach (dazu folgt später mehr) und verbrachte unnnötige Zeit mit der Recherche. Hätte man mal den Akku geladen, nachgesehen, wie viel Saft noch reingeht oder mal auf der Werkbank den Riegel zur Brust genommen, hätte man sich viel Zeit und Frust sparen können - verbuchen wir es unter Erfahrung.
Ich kann jetzt auch retrospektiv gar nicht mehr so wirklich sagen, was der Grund war, warum ich nicht mehr den Akku im Verdacht hatte - ich glaube ich habe einen Spannungsmonitor mit Volt-Anzeige angeschlossen und die Drehzahl im Stand gemessen-die beide o.k. waren.
Also hatte ich danach erst mal die Servos im Generalverdacht - was kann ein Servo im 4er Pack für 10€ inkl. Fracht aus Hong Kong schon taugen? Das wird doch bestimmt beim Hochfahren der collective pitch den Gegendruck nicht halten können und irgendwann einfach "losschnappen".
Dieser Verdacht stellte sich leider bei den ersten Tests auf der Werkbank als falsch raus: Die Servos haben sich zwischen 50% (center stick) und 75% pitch fast gar nicht bewegt und "sprangen" danach zwischen 75% und 100% förmlich. Insbesondere um die Mittellage herum haben die Servos fast nicht auf pitch reagiert, der stick konnte gefühlt 5-10° bewegt werden, ohne dass die Servos reagierten. Gleichzeitig haben die Servos aber auf zyklisch -egal ob nick oder roll- sofort geschmeidig angesprochen, sowohl in der Mittellage als auch in den Randbereichen zwischen 0%-25% und 75%-100%.
Damit war die zugegebenermaßen etwas betagte Futaba FC-18 im Verdacht: Das Poti für Kanal 3 (pitch/gas) musste einfach verschlissen sein. Dies würde die Reaktion der Servos auf collective pitch erklären. Ich hatte mit dem Sender schon abgeschlossen und war bereits in der Bucht auf Jagd nach einem neuen Sender. Glücklicherweise habe ich einen Vereinskameraden von meinen Plänen erzählt und gefragt, ob er einen Händler kennt, der eine FC-18 reparieren kann. Der Vereinskamerad war der festen Meinung, dass es das Poti nicht sein kann und riet, mit einem leeren Modellspeicher noch einmal zu testen, um einen Programmierfehler auszuschließen.
Er hatte Recht!
Mit einem anderen Empfänger und einem Modellspeicher für ein Flächenmodell reagierte das Servo völlig geschmeidig über den gesamten Steuerbereich. Im Modellspeicher des 450er Heli war also ein Programmierfehler!
Denkste.
Nach dem Reset und erneuten Programmieren des Helis ergab sich das Verhalten, dass beim ersten Einstellen mit der Pitchlehre alles gut zu sein schien und bei weiteren Kontrollen irgendwie wieder alles verstellt war.
Also erst mal alles wieder frustriert in die Ecke gelegt und irgendetwas anderes gemacht. Irgendwann habe ich dann noch einmal ganz von vorne mit dem Rotorkopf angefangen, alle Schrauben, Kugelköpfe und Lager getestet und dann habe ich ES gefunden:

Die Ursache allen Übels
Fragt mich bitte nicht, wie ich den Fehler genau gefunden habe, ich glaube es hatte etwas mit planlosen rumfummeln zu tun, aber schlussendlich waren die Schrauben, die die Lager des Paddelstangengehäuses halten, mehr als 1mm herausgedreht (siehe Fotos).
Da die Mischerarme davor verlaufen, hat man diese Schraube nur schwer gesehen, um diese zu erreichen, muss man sogar die Kugelköpfe am Mischerarm entfernen, um den Arm komplett aus der Schraube herausschwenken zu können.
Von Spiel Rotorkopf HKH 450

Das Resultat
In dem folgenden Video sieht man das Ergebnis ganz gut: Die Blätter können gegeneinander verdreht werden, ohne dass sich die Taumescheibe bewegt. Das bedeutet für das ursprüngliche Problem: Collective pitch wurde langsam erhöht, die Änderungen wurden durch das Lagerspiel bis zu einem gewissen Punkt "kompensiert", danach "kippte" das Lager und die pitchänderung "schiesst" mit einem mal durch.



Die Lösung
Kugelköpfe aushängen, Hebel zur Seite schwenken, Schraube für Lager entfernen und mit Schraubensicherung versehen, danach neu einschrauben. Hält nun einwandfrei.

Die Erkenntnis
1. Chinaflieger hatte mal wieder mehr Glück als Verstand. Der Heli hätte fairerweise bereits ein paar mal wegen diesem Fehler Schrott sein müssen...
2. Immer erst einmal die Mechanik von Grund an durchechecken, bevor man wild die Elektrik verbiegt.
3. Vormontierte Rotorköpfe werden von unseren asiatischen Freunden nur deswegen vormontiert, damit wir uns beim Auspacken der Schachtel an Ihrer Pracht erfreuen können, BEVOR wir diese zerlegen und mit SCHRAUBENSICHERUNG versehen.
4. Alte Sender sind gute Sender
5. Billig Servos sind nicht immer Schuld
6. Ich hasse diese !"%$§%/&$§&-Lagerschrauben

Möge die pitch mit Euch sein und Gute Nacht